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Journalistin und Autorin

Ulrike Schmitzer: Der Archistrator
Heidulf Gerngross und sein Engergiefeld, 2004 (Film)

Ulrike Schmitzer: Der Archistrator (Film)

Regie: Ulrike Schmitzer, Matthias Widter

45min

„Der Architekt ist ein Archistrator“, sagt Heidulf Gerngross, einer der umstrittensten Architekten Österreichs. Gerngross „archistriert“ die Welt, führt Talente („Energiefelder“) zusammen und schafft Kunst, die über das
rein Technische hinausgeht. Zu seinen „Amigos“- wie Gerngross seine Künstlerfreunde nennt – zählen international erfolgreiche Künstler wie Franz West, der dem Architekten mit der „Gerngross-Säule“ sogar ein Denkmal setzte.

Gerngross kennt keine Grenzen, weder zwischen den Disziplinen noch zwischen Kunst und Wirtschaft. Berührungsängste sind dem gebürtigen Kärntner fremd. Firmennamen sind unablässig fixer Bestandteil seiner Arbeit – und doch ist Gerngross kein Geschäftsmann. Geld, das durch seine Finger rinnt, fließt sofort in ein Projekt, wie seine Kulturzeitschrift „STAR“.

Internationale Anerkennung wurde Gerngross im Jahr 2002 mit der Internationalen Architekturbiennale in Venedig zuteil. Der Film beginnt mit diesem persönlichen Höhepunkt in der Karriere des Heidulf Gerngross und
zeigt die Vielseitigkeit des Architekten. Das Motto in Venedig: Integration. Das Lebensmotto von Gerngross, dem „Chaospraktiker“ wie in seine jungen Architektenkollegen in der Dokumentation nennen.

Der Begriff Architektur fängt für Heidulf Gerngross beim Wort an und endet beim Bau. 1978 entwickelte er den ersten Computerroman der Welt, das „Volksbuch“ ist ein Einzelfall in der Literaturgeschichte. Seine einzige
Handlung ist Sprachhandlung. Gerngross entwickelte dafür ein eigenes „Raumalphabet“. Nicht nur das herkömmliche Alphabet, auch das gebräuchliche Maß war Gerngross bald zu eng: er kreierte das Maß des „Archiquanten“ – das in einigen Möbel-Prototypen umgesetzt wurde. „Design ist Vertrauen“, sagte Gerngross und wollte das Label „Gerngross“ nach dem Vorbild von Jil Sander aufziehen. Das Möbel mit der Aufschrift „Gerngross“ blieb allerdings allein, berichtet Gerngross mit einem Schmunzeln. Gerngross betreibt seine Projekte mit grossem Eifer, aber zugleich mit spielerischer Leichtigkeit und ohne Verbissenheit.

Die 1. Wiener Loftsiedlung im 21. Gemeindebezirk wurde zu seinem Renommierprojekt. „Jeder Bewohner soll sich königlich fühlen“, so Gerngross, „im billigsten sozailen Wohnbau von Wien.“ Wirtschaftlichkeit und
Flexibilität finden im „Schnellhaus“ – einem Fertigteilbau aus Containern – ihren Höhepunkt. „Die Ökonomie des Bauens liegt im Kopf des Architekten“, beweist Gerngross damit eindrucksvoll.